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Der Dieselmotor emittiert den wahrscheinlich gefährlichsten Schadstoff, der bei der Verbrennung von Kraftstoff entsteht: Dieselruß. Dieselruß besteht aus hauptsächlich Kohlenstoffpartikel (Particulate Matter = PM) mit angelagerten Kohlenwasserstoffen. Diese Kleinstteilchen dringen aufgrund ihrer geringen Größe - deutlich kleiner als 1 Mikrometer Durchmesser - beim Einatmen tief in die Lunge ein.
Dabei ist die Anzahl der einwirkenden ultrafeinen Partikel
wichtiger als ihre Masse. Transport und Ablagerung der Partikel in
den Atemwegen werden entscheidend von ihrem Durchmesser beeinflußt.
Je kleiner die Partikel, desto tiefer dringen sie bis zu den feinsten
Verästelungen der Lunge vor.
Weil die toxischen Partikel nur
eine geringe Masse besitzen, sind Gesundheitsschäden schon bei
geringsten Konzentrationen dieser Schadstoffe in der Luft zu
befürchten.
Immer deutlicher wird, daß das Krebsrisiko
durch die Einatmung der partikulären Bestandteile des
Dieselmotorabgases bedingt ist. Als Träger der krebserzeugenden
Wirkung gilt der Ruß- bzw. Kohlenstoffkern. Neuere
epidemiologische Studien zeigen einen unmittelbaren Zusammenhang
zwischen beruflicher Dieselabgas-Exposition und einer höheren
Lungenkrebshäufigkeit.
Etwa zwei Drittel des durch
Luftschadstoffe erzeugten Krebsrisikos werden dem Straßenverkehr
zugerechnet. Das größte Potential davon geht auf das Konto
der Diesel-Emissionen. Zwar stammen in Deutschland Dieselabgase
überwiegend von LKWs, doch in Innenstädten sieht es anders
aus: Dort stammen bis zu 50% der Dieselabgase aus PKW.
Neuere Studien weisen auf den Zusammenhang zwischen
Dieselrußpartikeln und allergischen Atemwegserkrankungen hin.
Studien in Japan zeigen, daß Dieselabgase zusammen mit
Allergenen die Empfindlichkeit der Atemwege erhöhen können
und liefern den Beweis, daß Dieselabgaspartikel allergisches
Asthma verschlechtern können. Australische Mediziner haben
nachgewiesen, daß sich feine Dieselrußpartikel, die
atemwegsgängig sind, mit Graspollenallergenen verbinden können,
in verschmutzter Luft konzentrieren und dadurch Asthmaanfälle
auslösen können. Dieselabgase erhöhen allergische
Atemwegentzündungen und führen zur Hyperempfindlichkeit der
Atemwege, erzeugt durch eine höhere Sensibilisierung gegenüber
Autoabgasen.
Kinder sind diesen Giften viel stärker ausgesetzt als
Erwachsene, weil sie im Verhältnis zu ihrer Körpergröße
wesentlich öfter ein- und ausatmen. Zudem sind die Organe von
Kindern noch nicht voll ausgewachsen und deshalb empfindlicher.
Gravierende Auswirkungen auf Kinder hat auch die Tatsache, daß
gerade die krebserregenden Partikel in Kindernasenhöhe am
konzentriertesten sind.
Hervorzuheben ist, daß die
kalifornische Luftreinhaltebehörde (Californian Air Ressource
Board, CARB,) Mitte 1998 nach hartem Ringen mit der Autoindustrie
Dieselabgase erstmalig als für Menschen toxisch eingestuft hat.
Dieselmotoren emittieren, je nach Zulassungsdatum, innerorts 100 mal (Euro III) bis 150 mal (Euro IV) mehr Partikel (bezogen auf ihre Masse) als ein Benzinmotor mit geregeltem Katalysator, bezogen auf ihre Anzahl sogar bis zu tausendfach mehr.
Diesel haben noch immer höhere Emissionen an krebserzeugenden Polycyclischen Aromaten (PAH) als Benzinmotoren mit geregeltem 3-Wege Katalysator. Beim Benzol hat der Diesel einen Vorteil: Hier ist das Verhältnis 1:8 zugunsten des Diesel (bei Euro III), allerdings auf sehr niedrigem absoluten Niveau.
Ein Dieselmotor produziert wesentlich höhere Emissionen der gesundheitsgefährlichen und ozonbildenden Stickoxide (NOX). Bei Euro III-Fahrzeugen werden dem Diesel mehr als 300% mehr Nox-Emissionen zugestanden als dem Benziner.
Diesel haben, wegen ihrer extrem hohen NOX- Emissionen auch ein wesentlich höheres Potential an Ozonvorläufersubstanzen insgesamt: bei Euro II-Fahrzeugen das 1,4 fache, bei EURO III-Fahrzeugen gar das 1,6-fache. Bei Stickoxiden allein (siehe oben) ist es der Faktor 3,3. Neuere Studien (VW) weisen darauf hin, daß die Kohlenwasserstoffe von Diesel überdies reaktionsfreudiger sind als bisher angenommen, was ihre Bilanz bei den ozonbildenden Stoffen insgesamt weiter verschlechtert.
Für den Diesel wird gerne mit dem geringeren Verbrauch geworben. Tatsächlich liegt die Literzahl auf 100 Kilometer gewöhnlich niedriger als bei einem durchschnittlichen Benziner. Aber bei genauem Hinsehen schrumpft dieser Vorteil immer weiter zusammen, wenn man
moderne Diesel-Direkteinspritzer nicht mit alten Benziner-Modellen, sondern mit ebenso modernen Benzinern vergleicht
die ökologische Wirkung beachtet - denn Liter ist nicht gleich Liter!
Zunächst zur ökologischen Wirkung: Der Verbrauchsvorteil
des Diesel in der Größenordnung von 15 bis 20% aufgrund
des höheren motorischen Wirkungsgrades relativiert sich
erheblich, wenn nicht auf die Literzahl, sondern auf die
klimarelevante Menge Kohlendioxid im Abgas geachtet wird. Ein Liter
Benzin verbrennt mit Luft zu 2, 32 kg Kohlendioxid (CO2), ein Liter
Diesel jedoch -aufgrund der höheren Dichte und des höheren
Kohlenstoffgehalts - zu 2, 63 kg CO2. Damit wird pro Liter Diesel
13,4% mehr CO2 ausgestoßen. (Ein Dieselverbrauch von zum
Beispiel 5 Litern entspricht vom CO2-Ausstoß her also einem
Benzinverbrauch von über 5,6 Litern.) Der CO2- Vorteil von
Diesel gegenüber Benzin liegt damit nur noch in der
Größenordnung von 2 bis 7%. Das Umweltbundesamt
schätzt den Verbrauchsvorteil in Energieeinheiten des Diesel
gegenüber Benzin auf ca. 5% ein.
Er schrumpft gegen null,
wenn man nicht - wie die Autoindustrie und ihr nahestehende Experten
das immer wieder tun - fortschrittliche, neueste Diesel-Technologie
mit herkömmlichen Benzinern, sondern mit ebenfalls dem neuesten
Stand der Technik bei (z.B.) aufgeladenen Benzinmotoren vergleicht.
Ein Beispiel: Ein 110 kW starker Audi A4 verbraucht als Diesel (2.5
TDI) - gerechnet in Benzinäquivalenten - 7,7 Liter im
Eurozyklus. Der gleich starke Audi A4 Benziner (1.8 T) 7,9 Liter. Das
sind ganze 0,2 Liter oder 2,6% Mehrverbrauch für den Benziner.
Im Stadtverkehr verbraucht der Diesel (in Benzinäquivalenten)
sogar einen halben Liter mehr. Bei konsequenter Anwendung des
Aufladeprinzips analog etwa zu der von Greenpeace im Twingo SmILE
umgesetzten SmILE- Technik (Benzinmotor mit hoher Aufladung und
kleinem Volumen) hat der Benziner ein Potential, das das des Diesel
übertrifft.
Das Verbrauchsargument pro Diesel
relativiert sich damit erheblich. Angesichts der Tatsache, daß
der Diesel in nahezu allen Belangen, von den Emissionen (Stickoxide
und Partikel) bis zur Kundenakzeptanz (weltweit nur ca. 5%)
schlechter bis erheblich schlechter abschneidet als der Benziner, war
und ist der angebliche Minderverbrauch das einzige
Argument zur Rettung des Diesel-Images. Genau dieses Argument
aber ist mit neuen Benziner-Entwicklungen - und erst recht mit dem
Greenpeace- SmILE- Konzept - nicht mehr zu halten. Trotz seiner
fatalen Wirkung auf Gesundheit und Umwelt wird aber durch die Politik
in einigen Staaten noch immer massiv subventioniert.
Dieselmotoren sind prinzipbedingt schwerer als Benzinmotoren mit
gleicher Leistung. Sie brauchen größere Batterien und
haben auch nach wie vor einen höheren Verbrauch an Motoröl.
Bei Neufahrzeugen hat sich der Nachteil des höheren
Ölverbrauchs inzwischen verbessert, sie haben in diesem Punkt
mit Benzinern (fast) gleichgezogen. Das Fahrzeug ist aber insgesamt
schwerer und auch teurer in der Herstellung. Das höhere Gewicht
führt zu prinzipiell höherem Energieverbrauch bei der
Herstellung.
Die Produktion von Benzin und Diesel kann nicht isoliert voneinander gesehen werden, beides sind sogenannte Koppelprodukte. Der Anfall von Diesel oder Benzin kann zwar in gewissen Grenzen unterschiedlich gesteuert werden, die Produktion hängt aber untrennbar zusammen. Es ist nicht vorstellbar, und wäre nur unter sehr energieverlustreichen und unwirtschaftlichen Bedingungen möglich, alle Autos und damit die gesamte Treibstoffproduktion auf Diesel umzustellen. Wenn man sich, z.B. Weil sich die Nachfrage nach Diesel extrem erhöht, von einem optimalen Produktionsverhältnis wesentlich entfernt, ist das mit erhöhtem Energieeinsatz verbunden. Bei einer vollständigen Umstellung auf Diesel wäre in letzter Konsequenz sogar die Umwandlung von Benzin zu Diesel notwendig. Schon deshalb kann der Diesel, selbst wenn er echte Verbrauchsvorteile hätte, keine sinnvolle Strategie für die gesamte Autoflotte sein. Aber genau darum geht es: Ein vollständiger Umstieg auf Benziner, z.B. Mit SmILE- Technologie, ist kein Problem, denn ein Markt für den - ja zwangsläufig anfallenden -Dieselkraftstoff ist in Form des LKW-Verkehrs und des Heizölsektors ohnehin gegeben. Umgekehrt aber funktioniert es nicht. Diesel ist also schon aus raffinerietechnischen Gesichtspunkten keine verallgemeinerbare Strategie für sparsame Autos.
Es geht nicht um die Bevorzugung eines Antriebs oder einer
speziellen Technik. Einzig entscheidend ist, was aus dem Auspuff
kommt - an Schadstoffen und Klimagasen wie CO2.
Sollten
irgendwann einmal die Emissionen und der Verbrauch des Diesels auf
das Niveau der fortgeschrittensten Benzinantriebe kommen, wäre
gegen den Diesel weniger einzuwenden. Er taugte auch dann allerdings
nicht für eine globale Strategie des Umstiegs auf sparsame
Fahrzeuge. Das werden auf absehbare Zeit Benzinfahrzeuge sein. Der
Diesel hat seine Nische, wenn auch derzeit in Anbetracht seiner
Emissionen zu Unrecht. Er hat kann sich vielleicht rehabilitieren
(z.B. Durch Filtertechnik), und dazu ist es höchste Zeit. Aber
er wird im PKW-Bereich ein Nischenprodukt bleiben.
V.i.S.d.P. Wolfgang Lohbeck, Greenpeace. 4/1999